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Endlich ist es soweit. Es gab keine Alternative. Es musste so ein neumodisches (?) Gravel-Dings her.

Schon als ich vor fast 5 Jahren mein Rennrad kaufte, schwebte mir eigentlich vor besser einen Crosser zu kaufen. Erfahrene Kollegen rieten mir blutigem Anfänger damals ab. Der wäre als spezialisiertes Sportgerät für den täglichen Gebrauch, vor Allem auf längeren Strecken, nicht geeignet. Vermutlich hatten die sogar recht und damals sprach noch niemand hier von Gravel. Und so wurde es erstmal ein herkömmliches Einsteiger-Rennrad, ein „Endurance-Modell“, wie ich viel später selbst ermitteln würde.

Angefixt von Dingen wie dem Candy B. Graveller und ähnlichen Geschichten begann ich schon früh zu recherchieren, was es denn da so Bezahlbares für mich gäbe. Schöne Dinge waren da zu finden, von Veloheld das IconX oder von Bombtrack das HOOK. Stahl wäre schon schön, ist aber meist deutlich schwerer und oft auch teurer. Und wenn nicht so viel schwerer, dann aber sehr viel teurer. Und die Ehefrau musste natürlich auch überzeugt werden. Aus meiner Warte sind 5 Jahre recht lang bis zu einem neuen Fahrrad, meine Frau sieht das etwas anders. Und die im Titel zitierte Formel aus Regel #12 der Velominati wäre hier vermutlich auch nicht hilfreich, auch wenn ich nun dadurch bei der Mindestzahl eigener Räder ankomme.

Zurück zum Candy. Der ist eigentlich schuld, dass die Suche nach einem neuen Rad nun Fahrt aufgenommen hatte. Der, und der Gravel Fondo Ruhrpott Ride im September in Hattingen, wo ich eins der raren Votec VRX zur Probefahrt ergattert hatte. Über den Gravel Fondo gibts übrigens auch noch einen weiteren schönen Bericht von Biking Tom. (Ich komm‘ auch drin vor ;-)) Das hat so einen Spaß gemacht mit den breiteren Reifen durchs Gelände zu heizen ohne permanente Angst vor Felgenbruch und Plattfuß haben zu müssen, dass die Entscheidung spätestens dort fiel: Ein Gravelrad muss her. Meine Begeisterung hinterließ zu Hause so viel Eindruck, dass man da auf jeden Fall nicht dran vorbei käme. Außerdem ist bald Weihnachten und kurz darauf auch noch mein Geburtstag, da hat man ein paar Argumente auf seiner Seite. Ja und ich hatte mittlerweile die Freigabe von zu Hause für die Teilnahme am Candy B. Graveller! Es gab kein zurück!

Nun, das Budget spielt allerdings schon eine gewichtige Rolle, so fragte ich beim Gravel Fondo, ob die Testräder möglicherweise nach dem Event verkauft werden. Da das Kontingent allerdings knapp war wurde mir wenig Hoffnung gemacht.

Da nun alle in der Familie von der unabdingbaren Erforderlichkeit eines neuen Rades überzeugt zu sein schienen, habe ich mir mal eine Liste potentiell in Frage kommender Räder angelegt.

Beginne ich mal mit dem Rad welches alles ins Rollen brachte:

Das Votec VRX Comp mit hydr. SRAM Apex1 Gruppe konnte ich rund 50 km Probe fahren. Allerdings in Größe L, die mir bei 177 Körpergröße und 81 cm Schrittlänge etwas zu groß erschien. Nach dem Ride konnte ich noch kurz auf Größe M eine Runde drehen und das fühlte ich auf Anhieb etwas besser an. In Neu sind die Modelle in M und L alle ausverkauft und ob ein Testbike zu schnappen ist steht erstmal in den Sternen.

Nächster Kandidat auf meiner Shortlist ist das wunderschöne Veloheld IconX. Viel hatte ich schon darüber gelesen, z.B. beim Radelmädchen, welches sehr davon schwärmt. Stahl ist schon sexy, leider etwas schwerer. Und mit über 2.300,- Euronen (mit Carbongabel und Rival1-Gruppe) auch schmerzlich teurer als das Alubike von Votec, was zw. rund 1500,- (Apex1, hydr.) und 1800,- (Rival1 hydr.) liegt. Dafür mit dritter Flaschenhalteraufnahme unter dem Unterrohr.

Dann hatte mich seinerzeit schon Jochen von Mein Fahrrad und ich mit dem Bombtrack Hook infiziert. Inzwischen war ich allerdings schon von den Vorteilen der hydraulischen Bremsen überzeugt, und das Hook setzt auf die mechanische Variante. Und es ist mit >10 kg schon ein gewichtiger Brummer. Kann allerdings auch mit der sexyness von Stahl punkten. Die komplett außen liegenden Züge finde ich aber nicht so schön. Maintenance-Vorteil hin oder her.

Dann kam plötzlich das Cannondale Topstone raus. Viele Befestigungspunkte, sogar auf dem Oberrohr für eine entsprechende Tasche. Der Preis im Rahmen, aber die Preisgestaltung merkwürdig. Die Apex1-Gruppe am teuersten Modell, mit der 105er 400€ günstiger? Für mich nicht nachvollziehbar. Nur der Dropper-Post ist noch zusätzlich beim teuren Topstone Apex1 dabei, sonst erkenne ich keine Unterschiede. Ich wollte lieber 1x haben (one by, wie man auf neudeutsch wohl sagt!) und wäre damit bei rund 2.200€. Eigentlich zu viel. Da würde ich dann doch lieber das schicke Veloheld nehmen.

Und wenn wir schon mal in den Bereichen von >2000€ angekommen sind kann ich mir auch gleich mal das neue Rose Backroad anschauen. Aber 1x gibts nur mit Force und dann sind wir schon bei >2.500,-. Etwas günstiger wirds mit Shimano 105, wenigstens sind die neuen Bremsschalthebel nicht mehr so unförmig wie bisher. Schön leicht, aber auch nicht viel leichter als das Votec. Und die Tatsache, dass das gleiche Modell mit anderen Laufrädern als Crosser verkauft wird deutet auch darauf hin, dass hier mal wieder nur ein Crosser umgelabelt wurde.

Es gab eine Zeit, da gefiel mir auch das Specialized Sequoia recht gut. Stahl, viele Befestigungsmöglichkeiten, auch an der Carbongabel, mittlerweile auch mit Apex1 erhältlich! Das Gewicht ist auf der Webseite nicht zu finden, aber mit ein wenig Recherche kommt man den >11 kg auf die Schliche. Puh, ist mir zu schwer.

Dann kam noch das neue Canyon Grail zum interessanten Preis in Alu und vor Allem ohne dem komischen Lenker! Die wichtigsten Befestigungspunkte, Rival1-Gruppe. Etwas komische Geometrie mit dem langen Oberrohr und dem sehr kurzen Vorbau. Aber alles eigentlich OK. Aber die Schweißnähte! Entschuldigung, aber das Auge fährt mit. Die sehen ziemlich gruselig aus. Sonst wäre das echt was gewesen.

Natürlich bin ich noch auf viele weitere todschicke Räder gestoßen. Etliche  davon hat Torsten Frank beschrieben, der sich ebenfalls nach seinen eigenen Kriterien auf der Suche nach dem optimalen Graveller befindet. Er geht das Ganze super systematisch an, und vor Allem, ohne dass der Preis dabei eine Rolle spielt. Das ist sicher konsequent, aber hat mich (leider) bei meinem Budget nicht weiter gebracht.

Nun ich könnte, sagen wir mal, etwas mehr als 2.000,- Euronen für mein Rad ausgeben, aber das würde doch einiges an Klärungsbedarf zu Hause aufwerfen. Außerdem bin ich an sich ein eher sparsamer Mensch (auch wenn meine Frau das vielleicht anders sehen wird), so dass die grundsätzliche Entscheidung folgendermaßen aussieht:

Ist ein Votec VRX Testbike zu einem guten Kurs zu schnappen, ist das die vernünftigste Entscheidung. Es gefällt mir gut, ich bin es Probe gefahren und es passt!

Falls es damit nichts wird wäre mein Folgekandidat das Veloheld. Wenn ich schon ohnehin in der Gegend von 1.800,- lande (ausgehend vom Neupreis des VRX Pro) kommt es auf 400-500 mehr auch nicht mehr an. An sich ist das Veloheld sogar mein Top-Kandidat. Bei einer Preisdifferenz von geschätzten 1.000€ zu einem Testbike wäre ich da aber zu geizig und würde doch das VRX vorziehen.

So, die Eckpunkte sind klar. Jetzt heißt es am Ball bleiben. Nach dem Gravelride in Hattingen stand ja noch das Hauptevent im Schwarzwald von Votec vor der Tür. Bis dahin musste ich mich auf jeden Fall noch gedulden.

Danach direkt mal Brügelmann angeschrieben und nach dem Testbike-Sale gefragt. Der Service antwortete auch kurzfristig, wusst aber von nix. Man versprach aber bei Votec selbst nachzufragen. Nach einer Woche bekam ich die Rückmeldung vom Brand-Manager persönlich, der verkündete, dass die Bikes noch für den Munich Super-Cross Ende Oktober gebraucht würden und danach abgegeben würden. Hoffnung!

Kaum war das Wochenende des Super Cross vorüber bin ich dem Brand-Manager wieder auf die Nerven gegangen. Ich denke mal so ein Brand-Manager hat vieles zu tun, und das verkaufen von Testbikes gehört wahrscheinlich nicht zu den Haupttätigkeiten. Trotzdem kam bald die Antwort mit der Frage nach gewünschter Ausstattung und Größe, dann würde er mal schauen, was er anbieten kann. Hurra!

Also, die mittlere Ausstattung, d.h. das VRX Pro mit Rival1 sollte es schon sein und das in Größe M bitteschön.

Und dann kam die entscheidende Nachricht: VRX Pro , blau/schwarz in Gr. M wäre verfügbar. Bei 4 Events eingesetzt (ich schätze dann mal so 400 km), natürlich ohne Garantie (war mir klar, kein Problem) für  € 1.099,-! Ja, ich will! Das sind deutlich mehr als die geschätzten 1.000 Differenz zum Veloheld! Und das Tubeless Umbauset sowie der so einfache wie praktische Drehmomentschlüssel ist auch noch dabei. Mehr kann man nicht erwarten. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass das Gefährt dann ratz-fatz geliefert wurde und schon bei mir war, bevor ich überhaupt die Rechnung dazu hatte. Sehr vertrauensvoll, nix mit Vorkasse o.Ä.. Und sorry, lieber Brand-Manager für mein ständiges Nachgefrage.

Raus aus der Kiste …
… und ab nach draußen

Einen Wermutstropfen gab es dann allerdings doch:

Kaum bin ich nun mit einem Gravel-Hobel ausgestattet kommt die schlechte Nachricht, dass der Candy B. Graveller 2019 nicht stattfindet. Gunnar (der Organisator) veranstaltet auch noch die Grenzstein-Trophy, die 2019 ihr 10-jähriges Bestehen feiert. Daher wird Candy und GST nun im Wechsel alle zwei Jahre angeboten. Verständlich zwar, aber schade.

Mal schauen, was ich bis 2020 stattdessen nun mache…

(Vielleicht brauch‘ ich noch ein Rad für die GST? Falls meine Frau mitliest: War nur Spaß – GST dauert doch viel zu lange, so viel Urlaub kann ich nicht opfern, ist ohnehin viel zu anstrengend, Mountain-Biken ist eh nix für mich….)

15 Antworten auf „n+1

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  1. Supergeil! Deine Überlegungen sind für mich echt nachvollziehbar! Und der Kurs ja echt Hammer! Kann man echt nicht meckern! Also viel Spaß mit dem VRX! Wobei ich das Rose Backroad ja schon nich einen ticken geiler finde. Nur der Preis…😏 Wann graveln wir denn mal???😀

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    1. Die Vorweihnachtswochenenden sind familiär meist schon ziemlich verplant. Vielleicht mal spontan Sonntag nachmittags. Vielleicht ergibt sich auch was zwischen den Jahren. Im Rahmen der Festive 500 muss man ja fahren ….

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    1. Nach eigenem Ermessen so gut wie möglich selbst eingestellt. Soll ja ein bisschen bequemer sein und nicht zu radikal. Ich hab halt relativ kurze Beine. Schrittlänge 81cm bei 177 Körpergröße.

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  2. … so ähnlich wie dir ging es mir auch … nach einigen Jahren und immer längeren Strecken … der Autoverkehr ist oft krass und so muss ein Gravelbike her. Habe vor allem Torstens Liste immer wieder durchforstet und bin dann allerdings dem Weg des geringsten Widerstandes gefolgt und habe mich für Trek entschieden … bin sonst Simplonfan, aber da gibt es nur das Inissio und das ist mir zu sportlich … Gelegenheiten finden sich sicher unendliche … aber eine Frage: was ist GST??? Googeln brachte folgende ERgebnisse: Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen, Gesellschaft für Sport und Technik, … Gesellschaft für Schleiftechnik …. hahahaaaahha!
    Grüße Gabi

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    1. Das Trek Checkpoint fährt meine Kollegin Claudia und ist hochzufrieden! Da hast Du sicher nix falsch gemacht. Interessanterweise hatte Claudia auch zunächst ein Simplon im Auge, als Sie sich schließlich für das Trek von unserem lokalen Dealer Cycle-Culture-Company entschieden hat.
      Und GST ist die Grenz-Stein-Trophy entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Ein bisschen weiter oben in meinem Text ist auch ein Link 😉

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      1. Danke. Ja, bin schon gespannt auf das Checkpoint 6, obwohl es mir schwer gefallen ist diesmal kein Simplon. GST … hmmmhmm, würde mich auch mal interessieren …

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  3. Glückwunsch zum ergattern! 🙂 Kann sehr gut nachvollziehen, dass das Votec total ausverkauft ist. Es ist einfach ein wunderschönes, sehr stimmiges Rad, dass sich auch super zu fahren scheint (habe selbst nur mal für 10 Meter auf Toms Tester gesessen). Besonders in Rot ein Rad, dass ich selbst nicht von der Bettkante schubsen würde. Allein die schön geformte Gabel… 🙂 Gäb’s das auch in Carbon und mit Flaschenhaltern unter dem Unterrohr etc. wäre das wahrscheinlich auf den Topspot meiner Liste gelandet.

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    1. Den MFG hatte ich auch schon im Visier, aber die vielen Höhenmeter schrecken mich bislang noch ein wenig. Und zumindest bei der ersten Ausgabe gings ja schon sehr selektiv zu. Die Anfahrt bis Würzburg ist auch noch mal ein Stück weiter. Jetzt hab ich erst mal den Hansegravel quasi zum Einrollen am Start. Zuviel kann ich meiner Familie pro Jahr auch nicht zumuten.
      Wir sehen uns in Hamburg, schätze ich…
      Viele Grüße aus Duisburg,
      Markus

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