Candy B. Graveller 2022 Pt.4, Back on Track

Nach vielleicht zwei Stunden Schlaf auf einem Tisch im viel zu warmen Schulungsraum des Aeroclubs, der mit bestimmt 20 Candy Pilotinnen und Piloten gut ausgelastet war, trieb mich die allgemeine Geschäftigkeit und auch die innere Unruhe aus den Federn. Als ich über eine Art Flur hinab in den Hangar ging traute ich meinen Augen kaum. Die freiwilligen Helfer hatte uns ein erstklassiges Frühstücksbuffet gezaubert. Das ist mal Trail Magic vom Feinsten!

Leider wollte bei mir, nach zu wenig Schlaf und mit dem noch unsicheren Fortgang der Tour für mich und meine gestern Nacht im Schlamm Mitgestrandeten, nicht so recht Appetit aufkommen und es blieb erstmal bei Kaffee, O-Saft und einem Apfel.

Jetzt, bei Tageslicht betrachtet, sah unser Gepäck schon ziemlich mitgenommen aus. Die Taschen dreckverkrustet, die Überschuhe kaum noch zu erkennen. Regenjacke und -hose im modernen Camouflage-Look. Aber alles kein echtes Problem.

Das Elend der vergangenen Nacht

Wie wir die Räder allerdings aus dem Feld würden bergen können war uns noch nicht klar. Zwar war es nun hell, der Regen hatte aufgehört und es kam sogar etwas Sonne heraus, aber das Feld wäre sicher lange noch nicht trocken und wir wussten auch nicht, ob es nicht doch größere technische Schäden am Antrieb gegeben hat. Die erste Idee einen Transporter zu mieten, um die sicher nicht fahrbereiten Räder zur nächsten Tankstelle mit Hochdruckreiniger zu schaffen, scheiterte an mangelnder Verfügbarkeit eines passenden Fahrzeug beim Autovermieter. Super, viel Geld gespart! Ein hilfreicher Engel (dessen Name mir leider entfallen ist) bot an uns vier in seinem Auto zum Ortsrand von Frömmstedt zu bringen. Der grobe Plan war, zunächst ohne Gepäck, die Räder wieder rollfähig zu bekommen, eine Tanke mit Waschbox zu finden, falls möglich zum Aeroclub zurückzuradeln, unser Gepäck anzutüdeln, zum nächsten Bahnhof zu gelangen und heute abend das letzte Camp vor Berlin zu erreichen. Dann wären wir morgen zur finalen Etappe wieder im Rennen!

Und der Plan schien aufzugehen. Die Räder lagen noch dort, wo wir sie zurückgelassen hatten und nach einer guten Stunde kratzen und schaben waren sie zumindest wieder schiebefähig. Jetzt, bei Tageslicht war es etwas leichter die wenigen Stellen zu finden, wo der Schlamm ein bisschen weniger tief war um die Räder so lange wie möglich vorwärts schieben zu können.

Als nach etwa 1,5 km der Weg den Namen wieder verdiente, trauten wir uns sogar schon wieder vorsichtig zu radeln, wobei das Knirschen aus dem Antriebsstrang einem schon die Haare zu Berge stehen ließ. Glücklicherweise gab es bei Kindelbröck, kaum 4 km von Frömmstedt, eine Waschbox in der wir dann den Hochdruckreiniger glühen ließen. Nachdem die Ketten frisch geölt waren konnten wir die restlichen knapp 20 km zurück zum Aeroclub in Angriff nehmen.

Die fleißigen Betreiber der Clubgaststätte hatten mittlerweile schon fast alles wieder aufgeräumt und gesäubert als wir dort ankamen um unser Gepäck aufzusammeln. Meine Überschuhe, die ich zum trocknen an einen Zaun gehängt hatte waren wohl im Müll gelandet. Die sahen aber auch nicht mehr wirklich brauchbar aus. Eben diese Überschuhe und meine Minipumpe, die am Rahmen montiert war, waren das Einzige, was der Hölle von Frömmstedt zum Opfer gefallen war.

Auf gings nun zum 22 km entfernten Bahnhof nach Sangerhausen, den wir vier gegen 16 Uhr erreichten. Schnell die Verbindungen gecheckt, online die Tickets gebucht und ab in den Zug.

Mit Umstiegen in Güsten (wer kennt es nicht) und Dessau sollten wir um kurz vor 20 Uhr Bad Belzig erreichen, in dessen Nähe das nächste und letzte Camp auf uns wartete. Da wir in Güsten fast eine Stunde Umstiegszeit hatten konnten wir dort noch einen Snack nehmen, da wir mittlerweile ganz schön hungrig waren.

Jetzt, wo wir wieder frohgemut auf der Strecke waren und mit der Aussicht Berlin doch noch erreichen zu können, war auch der Appetit zurück. Und nach einem Döner mit alles und scharf samt Cola sah die Welt doch schon wieder viel freundlicher aus. Da konnten auch die teils sehr tristen und dem Verfall geweihten Gebäude im Umfeld des Güstener Bahnhofes unsere Stimmung nicht mehr trüben.

Einen kleinen Dämpfer gab es noch in Bad Belzig, wo uns der letzte Edeka vor dem Camp, trotz Öffnungszeit bis 20 Uhr, um kurz vor Acht nicht mehr einließ (Grüße gehen raus an Edeka Wipfli auf der Friedrich Schiller Straße) und wir nun ohne Kaltgetränke für den Abend ins Camp einrollen mussten.

Das ließ sich jedoch verschmerzen, denn erstens war es doch schon recht kühl geworden und zweitens gab es von der lokalen Groundcrew mal wieder tolle Trail Magic, diesmal in Form von Glühwein, Tee und ein paar Snacks! Und so richteten wir in der Dämmerung unser Nachtlager her und ließen diesen etwas anderen Tourtag am Lagerfeuer ausklingen.

Die Variante „Zelt im Zelt“ sorgt für Privatsphäre und hält den Tau fern. Andere nutzten die Biertische um Abstand zum feuchten Boden zu gewinnen.

Am Ende des Tages waren wir zwar statt der geplanten 180 km nur knapp 50 km aus eigener Kraft unterwegs gewesen, aber wir waren wieder „On Track“!

tbc.

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